Immer der Nase nach

Rund 2000 Parfumeure gibt es auf der ganzen Welt. Einer davon ist in Wien zu finden.

Parfum Bei schönem Wetter steht Yogesh Kumar gern vor seinem kleinen Geschäft in der Kirchengasse und plaudert mit dem Ladeninhaber von nebenan. Währenddessen beobachtet er ganz entspannt, aber sehr aufmerksam die vorbeischlendernden Passanten. Der Parfumeur indischer Herkunft ist ein großer Menschenkenner. Yogesh Kumar ist bekannt dafür, dass er seinen Kunden am Nacken die Persönlichkeit erschnüffelt. Gut betuchte Menschen lassen sich von ihm ein maßgeschneidertes Parfum mischen. Kumar vermutet, dass viele Leute nicht in erster Linie wegen des Parfums kommen, sondern weil von ihm etwas über sich selbst erfahren möchten. „Der richtige Duft kann die persönliche Stärken betonen und die Schwächen ausgleichen“, erklärt Yogesh Kumar seine Arbeitsweise. Er ist ein Autodidakt – bereits im zarten Alter von 13 Jahren kreierte er in seiner Heimat Indien erste Parfums. Mehr als 2.000 verschiedene Düfte hat Yogesh Kumar in seinem Geschäft in einzelnen Flakons stehen, doch für jeden Auftrag möchte er wieder einen ganz neuen, individuellen Duft finden. Vor einiger Zeit etwa hat er einen Duft namens „Tabak Schoko“ als Duftinstallation für einen bekannten Schokoladeneishersteller entworfen. Er öffnet den Flakon und wedelt mir etwas von dem Duft zu. Es riecht wunderbar rauchig, nach herber Schokolade. Ein Bar-Geruch. „Das Riechen an diesem Duft kann Sie entspannen, er kann Sie aber auch high machen“, erklärt Kumar. Je nachdem, was das Gedächtnis, die eigene Erinnerung mit dieser Art von Geruch verbindet, wird beim Riechen eine Assoziation hergestellt. Der Geruch von Kreide oder Turnhalle kann uns gedanklich zurück in die eigene Schulzeit katapultieren. Mit den damit verbundenen positiven oder auch negativen Emotionen. Ein relativ neuer Trend im Duftmarketing ist das „Duftlogo“: Ein Unternehmen lässt sich einen eigenen Duft produzieren, der es unverwechselbar macht. Beispielsweise werden alle Hotels einer Hotelkette, oder alle Geschäftsfilialen eines Unternehmens, teilweise auch die Produkte selbst mit diesem Duft versehen. Damit machen sich Unternehmen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zunutze: Wir speichern Düfte tiefer im emotionalen Bewusstsein ab als die meisten anderen Eindrücke. Ist uns ein Duft vertraut, beispielsweise aus unserer Kindheit, bewerten wir dieses Produkt, diese Umgebung als positiv. Duftlogos können und sollen aber auch etwas über das Unternehmen erzählen. Für die Österreich Werbung etwa hat Yogesh Kumar einen Duft entworfen, der für Österreich stehen soll: Innovation, Kultur und Natur sollen die Kunden aus dem Duft herausriechen. Mit der Realität hat das nicht viel zu tun: „Ich habe vorher einige Umfragen gemacht, und die meisten Leute haben erzählt, Österreich rieche vor allem nach Kebab oder gar nach Mist“, erzählt Kumar lachend. Gerade bastelt er an einem Duft-update: in diesem Jahr soll der Duft der Österreich Werbung nämlich „Nature reloaded“ heißen und sich voll und ganz auf die Natur konzentrieren. Während zehntausende synthetische Duftstoffe auf dem Markt sind und jedes Jahr rund 1.500 neue dazukommen, arbeitet Yogesh Kumar nur mit Essenzen. Selbst ätherischen Ölen gegenüber ist er skeptisch. Generell können Duftstoffe auch Allergien auslösen. Darüber hinaus sind aber viele synthetische Duftstoffe gesundheitlich bedenklich. Sie können starke Nebenwirkungen auf das menschliche Immunsystem haben. „Duftmarketing kann auch zu stinken anfangen. Es gibt sehr viele Menschen, die diese Düfte nicht mal aushalten,“ so Kumar. Wenn es um den Geruchssinn geht, nehmen wir noch individueller wahr als beim Geschmacksinn. Jeder Mensch rieche anders. Und jeder Mensch habe einen eigenes Geruchsempfinden – man nennt das auch den Olfaktorischen Fingerabdruck. Von daher ist es aufs jede Mal eine neues Abenteuer, wenn sich Yogesh Kumar in sein Duftlabor in der Donaustadt begibt, um einen Duft zu mischen. „Es gibt kein Rezept wie wenn man Gulasch kocht. Manchmal ist ein Duft genug, um einen Ton zu unterstreichen, manchmal braucht es viel mehr“. –hr STARTSEITE >